Ulrichs erster aufrechter Gang

„Was willst du werden, wenn du groß bist?“ fragte jemand den 12-jährigen Ulrich. „Ich will so groß sein wie meine Freunde“, antwortete er lächelnd.

Selbst erfahrene Krankenschwestern an Bord der Africa Mercy hatten noch nie einen Fall wie den von Ulrich gesehen. Er wurde mit ausgekugelten Knien und einem Zustand geboren, der als „Quadrizeps-Kontraktur“ bekannt ist – ein Zustand, bei dem sich die Beinmuskulatur nicht im gleichen Tempo wie die Knochen entwickelt, wodurch sich die Beine drastisch nach hinten beugen.

Kein Chirurg wollte ihn operieren

Seine Mutter Georgette versuchte verzweifelt, für Ulrich die Operation zu finden, die er brauchte. Aber die Kosten der OP und die Schwere seines Zustandes hatten ihre Hoffnungen zunichte gemacht. „Chirurgen wollten ihn nicht anfassen“, erinnert sich Georgette. „Es war schwer zu sehen, wenn andere ihn beleidigten. Wenn er leidet, leide ich auch.“

Trotz ständiger Blicke passte sich Ulrich seinem Zustand an. Er lernte das Laufen mit Stöcken aus kräftigen Ästen. Er hatte sogar gelernt, höher als jeder andere Junge in seinem Dorf auf Bäume zu klettern! „Wenn sie die höchste Papaya nicht erreichen konnten, riefen sie mich! Ich konnte sie holen“, sagt Ulrich.

Aber seine Entschlossenheit, wie andere Jungen zu sein, forderte seinen Tribut. Durch die Art seiner Fortbewegung entwickelte er Schmerzen in seinen Händen und Gelenken, besonders durch das Gehen über weite Strecken. „Ich war besorgt, wenn ich jetzt schon solche Schmerzen verspüre, dann wird es nur noch schlimmer, je älter ich werde“, erzählt er.

Es brach ihm das Herz, dass es für ihn immer schwieriger wurde, seiner Mutter zu helfen, indem er im Haus half, Brennholz sammelte und Wasser holte. „Ich hatte Angst, so aufzuwachsen. Ich wollte nicht, dass es so bleibt.“

Herausforderung für die Ärzte auf der Africa Mercy

An dem Tag, an dem Ulrich für seine kostenlose Operation auf der Africa Mercy ankam, war Dr. Frank Haydon, Chirurg aus den USA, der seit acht Jahren bei Mercy Ships ehrenamtlich tätig ist, schockiert. „Er bewegte sich wie ein Insekt… wie eine Grille. Ich habe noch nie etwas Ähnliches gesehen. Immer wenn ich denke, dass ich den schlimmsten Fall meiner Karriere gesehen habe, sehe ich den nächsten, das hält mich in Bewegung.“

Nach mehreren aufwändigen Operationen wachte Ulrich mit zwei geraden Beinen in Gipsverbänden auf. Es fiel ihm schwer zu glauben, dass es tatsächlich seine Beine waren. Als er das erste Mal aufstand, griff er nach oben, um zu sehen, ob er die Decke berühren konnte. „Als er das erste Mal ging, lief er direkt in die Umarmung seiner Mutter. Es war das erste Mal, dass er sie umarmen konnte, weil er aufrecht stand“, erzählt Kirsten Murphy, ehrenamtliche Krankenschwester aus den USA.

Jetzt geht Ulrich auf geraden Beinen und freut sich auf die Akzeptanz in seinem Dorf. Endlich kann er hoffen, sich seinen Traum von einer Ausbildung zu erfüllen. „Früher, wenn ich auf der Straße ging, starrten mich die Leute an. Sie dachten, ich sei nur eine behinderte Person, und sie behandelten mich anders. Jetzt werden sie wieder schauen – aber positiv“, lächelt Ulrich.

Ein glückliches Ende für Ulrich

Bevor Ulrich die Africa Mercy verließ, ging er langsam auf Dr. Haydon zu und überreichte ihm ein ganz besonderes Geschenk: seine alten Spazierstöcke. Er wird sie nicht mehr brauchen, dank der lebensverändernden Hilfe, die er erleben durfte.

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