Hawas Heilung - ein echter Wendepunkt

Neue Träume für ein neues Leben

Langsam stieg Hawa die Stufen der Gangway hinauf. So lange hatte Sie auf diesen Tag gewartet. Nun endlich betrat sie dieses beeindruckend große Schiff. Sie wusste, dass Ihr Besuch auf der Global Mercy etwas Besonderes sein würde.

Hawa, eine angehende Krankenschwester aus Sierra Leone, hatte noch nie ihren Fuß auf das neue Hospitalschiff gesetzt. Allerdings ist sie schon einmal den schwankenden Weg übers Wasser gegangen: Sie bestieg das erste Hospitalschiff von Mercy Ships, die Anastasis, als kleines Kind, denn sie litt an einem Tumor, der sich langsam und unerbittlich seinen Weg durch ihren Mund und Hals frass, so dass sie kaum essen oder atmen konnte. Es war damals auf der Anastasis, als ihr Leben gerettet wurde und ein neuer Traum geboren war – der Traum von einem Leben mit Perspektive.

In diesem Jahr schloß sich der Kreis für Hawas Hoffnung auf Heilung, als sie den Boden der Global Mercy unter ihren Füßen spürte.

Keine Hoffnung weit und breit - Hawa gab sich auf

Als Hawa ein junges Mädchen war, begann ein Tumor in ihrem Mund zu wuchern. Zwar war es kein Krebs, aber er war alles andere als harmlos. „Zu dieser Zeit hatte ich wirklich Angst“, erinnert sie sich. Sie stiess ständig mit der Zunge an ihn, sah ihn im Spiegel und wurde tagtäglich mehrmals daran erinnert, dass da etwas war, was nicht in ihren Mund gehörte. Er verschwand einfach nicht, im Gegenteil: Nach zwei Jahren bedrohte der schnellwachsende Tumor Hawas Leben. Sie konnte nur noch sehr mühsam kleine Portionen durch einen Strohhalm essen.

„Es gab diesen Punkt in meinem Leben, wo ich schließlich gar nicht mehr essen konnte“, sagte sie. „Sogar Trinken war schwierig für mich. Auch Sprechen ging nicht.“ Hawa blieb weinend zuhause und weigerte sich, ihr Gesicht draußen zu zeigen. „Wohin würde dieses monströse Ding noch wachsen? Würde ich jemals wieder hinausgehen können?“ Als wäre der erzwungene Hausarrest nicht schon schlimm genug, begannen die Leute ringsherum zu tuscheln. Schließlich gaben sie Hawa schlichtweg auf. „Ich konnte es ihnen nicht verübeln. Ich gab mich ja selbst auf“, erzählte sie. „Einfach weil ich nicht daran glaubte, dass ich irgendwann würde normal leben können, denn der Tumor schwoll immer weiter an, immer weiter… Jeder dachte ‘Sie wartet nur noch darauf zu sterben.‘“

„Es gab diesen Punkt in meinem Leben, wo ich schließlich gar nicht mehr essen konnte. Sogar Trinken war schwierig für mich. Auch Sprechen ging nicht.“

Endlich: Hoffnung an Bord

Hawas Vater versuchte, jemanden zu finden, der seiner Tochter helfen konnte. Aber es war zum Verzweifeln: Die ortsansässigen Ärzte konnten den notwendigen Eingriff nicht selbst vornehmen. Dann – wie aus heiterem Himmel – stellte ein Freund den Kontakt zu Mercy Ships her. 2005 reisten die kleine Hawa und ihr Papa zur Anastasis, wo fachkundige Mediziner sie untersuchten und umgehend eine Operation anordneten. „Jeder um mich herum ermutigte mich“, sagte sie, als sie sich an ihre erste Erfahrung auf dem Schiff erinnerte. „Sie meinten ‚Gib die Hoffnung nicht auf, sei unbesorgt. Es wird alles gut.’“ Als Hawa an Bord kam, hörten sofort alle ihre Ängste und Sorgen auf, sie zu quälen. Sie waren einfach nicht mehr da. Hawa glaubte fest, dass die Dinge sich gut entwickeln würden – und sie taten es.

Dr. Gary Parker, ein langjähriger ehrenamtlicher Mund-Kiefer-Gesichtschirurg, entfernte fachkundig Hawas Tumor. Das erste, woran sich Hawa noch heute erinnert, war die Reaktion ihres Vaters, als er sie nach der OP sah: „Er war so glücklich, tanzte zu den Worten ‘Oh Gott, ich danke dir’“, sagte sie. „Wir haben gefeiert und uns riesig gefreut!“

Als Hawa schließlich entlassen wurde und zuhause ankam, erkannten sie einige Menschen nicht wieder. „Sie fragten ‘Ist das tatsächlich Hawa?‘. Ich sagte ‚’Ja, ich bin Hawa!‘ Diejenigen, die mich aufgegeben und gesagt hatten ‚‘Das wird sie nicht überleben,’ staunten zu diesem Zeitpunkt ‘Wow!’“

Ein neuer Traum

Nach dieser überwältigenden Erfahrung auf dem Schiff, war Hawas Lebensweg vorgezeichnet. „Mein Papa sah mich an und sagte ‘Du musst auch Krankenschwester werden, damit du jetzt das Leben von anderen retten kannst, so wie man dein Leben gerettet hat.’“ Ihr Vater verstarb kurz, nachdem er das Wunder ihrer Heilung erlebt hatte. Sie entschloss sich dazu, seinen Traum zu ihrem eigenen zu machen und begann die langjährige Ausbildung. „Meine Familie würde sich sehr freuen, wenn ich Krankenschwester werde, denn genau dafür hatten sie immer gebetet“; verriet sie.

Wie magnetisch angezogen: Zurück zum Schiff

2011 besuchte Hawa erneut Mercy Ships. Diesmal betrat sie die Africa Mercy, als diese nach Freetown fuhr. Sie sah Dr. Gary Parker wieder und traf gar den Präsidenten und Vizepräsidenten von Sierra Leone. Dr. Parker zeigte dem versammelten Publikum ein Foto des grässlichen Tumors, der fast Hawas Leben beendet hätte. Er brauchte kein Foto der Heilung zu präsentieren, denn Hawa stand direkt neben ihm, der lebende Beweis eines Wunders. Die Leute waren hellauf begeistert und feierten Hawa mit Standing Ovations.

2023 hatte Hawa erneut die Gelegenheit, ehrenamtliche Crew-Mitglieder zu treffen, die Teil ihrer lebensverändernden Erfahrung von damals gewesen waren, z.B. die langjährige freiwillige Krankenschwester Rachel Greenland. „Als Hawa 2005 an Bord war, arbeitete ich gerade in der Kinderabteilung, wo ich dann sie und ihren Vater kennenlernte“; erinnerte sich Rachel. „Es ist für mich so ein großes Privileg, sie jetzt zu sehen! Wir reden ja viel über die Auswirkung unserer Arbeit, aber sie live zu erleben, zeigt, was alles möglich ist. Das ist der Grund, warum ich immer wieder gern zu Mercy Ships zurückkehre.“

Auf ihrem Rundgang über die Global Mercy begegnete Hawa einem weiteren vertrauten Gesicht – Clementine Tengue, die sie mit einer herzlichen Umarmung begrüßte. Clementine, die in der Krankenhausseelsorge arbeitet, erinnerte sich gut an Hawa und ihren Vater. „Ich war gerade da, als beide an Bord kamen und habe sie den gesamten Prozess hindurch begleitet“, erzählte sie. „Das ist exakt die Definition von Hoffnung: Sie erhält medizinische Hilfe und jetzt möchte sie anderen Menschen auch helfen, indem sie Krankenschwester wird.“

Für Hawa fühlte sich der Besuch auf dem Schiff sehr vertraut an. 

„Die Art, wie alle hier ihre Liebe zeigen, erinnert mich daran, wie es damals auf dem anderen Schiff für mich war. Erst durfte ich in dieser Liebe baden, danach kümmerten sie sich medizinisch um mich.“

„Schaut mich jetzt mal an!“

Heute, 23 Jahre später, sieht Hawa ihren Eingriff bei Mercy Ships als einen Wendepunkt. Sobald der große Tumor entfernt war, war sie nicht länger eine Ausgestossene, sondern genoß in ihrer Gemeinschaft wieder Anschluss. „Als ich zurück zuhause war, kam jeder bei mir vorbei und hat sich mit mir gefreut“, lächelt sie. Aber Hawa weiß auch, dass nicht nur ihre Lebensqualität wiederhergestellt war. Ihr Leben selbst wurde gerettet. 

„Hätte ich nicht die dringend nötige Operation gehabt, denke ich nicht, dass ich noch leben würde“, konstatierte sie. „Vielleicht wäre ich schon tot.“

Zum Glück nahm ihr Leben eine andere Wendung

Hawa lernt jetzt eifrig, um Krankenschwester zu werden. Manchmal steht sie schon nachts um 2.00 Uhr auf, um ihre Hausaufgaben zu machen. Danach rennt sie um 5.00 Uhr zum Bus. Sie treibt sich selbst an, um die Art Heilung weiterzugeben, die sie selbst rund 20 Jahre zuvor erleben durfte. „Meine eigene Erfahrung inspirierte mich, Krankenschwester zu werden, um anderen Menschen jetzt auch helfen zu können“, meinte sie.

Hawa hegt noch einen weiteren Traum in ihrem Herzen: Eines Tages bei Mercy Ships als Krankenschwester dienen zu können, Seite an Seite mit Dr. Gary Parker und allen anderen, die ihr damals das Leben zurückgegeben haben.

„Eines Tages werde ich den Menschen aus meinem Leben erzählen“, ist sie sich sicher. „Von der Krankheit bis jetzt. Mein Zeugnis soll anderen dienen. Das ist mein Traum.“


Bis es so weit ist, freut sich Hawa aufgeregt über die Global Mercy, die sich derzeit in Sierra Leone aufhält, um anderen zu helfen wie früher ihr. Sollte es jemanden geben, der jegliche Hoffnung auf Heilung aufgegeben hat, macht Hawa mit ihrer eigenen Geschichte wieder Mut. „Lasst niemand sich für nichts schämen müssen“, meint sie ernst. „Lasst die Kranken nach draußen gehen, lasst sie sich zeigen, damit sie alle Hilfe erhalten, die sie benötigen!“ Nach alldem, was sie selbst durchgemacht hat, sieht sich Hawa als lebender Beweis dafür, niemals die Hoffnung zu verlieren: „Schaut einfach mich jetzt an!“

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